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SoZ SoZ - Sozialistische Zeitung Nr. 03 vom 04.02.1999, Seite 16

Sprache als Waffe gegen die Diktatur

"Wenn man sich für die Grundrechte der Bevölkerung einsetzt, darf man sich nicht darüber wundern, wenn man ins Gefängnis geworfen oder sogar getötet wird. Aber was Recht ist, muß Recht bleiben, und dafür muß man kämpfen. Ich habe dies jetzt 20 Jahre lang getan und fürchte mich in meinem Alter vor nichts mehr. In dieser Zeit habe ich viele Diktatoren erlebt, die davongejagt wurden, und denjenigen, die zur Zeit in Nigeria das Sagen haben, wird es ebenso ergehen." (Ken Saro-Wiwa)

Als der nigerianische Schriftsteller Ken Saro-Wiwa 1994 einem britischen Fernsehteam diese prophetischen Sätze ins Mikrofon sprach, wußte er nicht, daß es sich um das letzte Interview handeln sollte, das er in Freiheit gab. Kurz darauf, im Sommer 1994, ließen ihn die in Nigeria herrschenden Militärs festnehmen und ins Gefängnis werfen. Ein Jahr später, im Oktober 1995, verurteilte ein Militärtribunal - nach einem makabren Schauprozeß - Ken Saro-Wiwa und acht andere Oppositionelle zum Tode. Und am Morgen des 10.November 1995 wurden Ken Saro-Wiwa und seine Mitstreiter - trotz weltweiter Proteste - auf archaische Weise hingerichtet: um 11.30 Uhr wurden sie im Gefängnishof von Port Harcourt an Galgen erhängt. Der Henker soll dabei mehrere Versuche unternommen haben bis der kleinwüchsige, stämmige 54jährige Ken Saro-Wiwa endgültig sein Leben aushauchte.
  "Wie es um ein Land steht, kann man daran ablesen, wie es um seine Schriftsteller steht … Wenn sie von undemokratischen Tribunalen zum Tode verurteilt werden, kann man sicher sein, daß die Dämonen des Krieges und die Engel der Zersplitterung ihren gefürchteten Abstieg ins Blut der Menschen begonnen haben, die dieses Land bewohnen", schrieb kurz vor dem Tod Ken Saro-Wiwas sein nigerianischer Schriftstellerkollege Ben Okri, der vor dem Militärregime nach Großbritannien geflohen war, wie so viele seiner Kollegen.
  Nigeria, das mit mehr als 100 Milllionen Einwohnern bevölkerungsreichste Land Afrikas, ist ein besonders drastisches Beispiel für die Verfolgung von Autoren in Afrika. Dutzende nigerianischer Schriftsteller können nur im Ausland frei leben und arbeiten, darunter fast alle, die Rang und Namen haben. Auch Ken Saro-Wiwa hielt sich zwischenzeitlich immer wieder in England auf, wo er einen zweiten Wohnsitz hatte. Und Freunde hatten ihn Anfang der 90er Jahre gewarnt, nicht nach Nigeria zurückzukehren. Aber Ken Saro-Wiwa ging zurück, um in seiner Heimatregion den Kampf der Ogoni gegen die ökologische Zerstörung des Nigerdeltas durch internationale Ölkonzerne wie Shell zu unterstützen. 1991 wurde er zum Sprecher der Oppositionsgruppe MOSOP gewählt, der "Bewegung für das Überleben der Ogoni" und scheute sich in seinen Reden nicht, die Verantwortung der nigerianischen Machthaber wie der ausländischen Konzerne für die soziale und ökologische Katastrophe im Nigerdelta beim Namen zu nennen.
  "Einem Volk seine Rohstoffe zu nehmen und sich zu weigern, dafür etwas zurückzugeben, bedeutet, es der Sklaverei auszusetzen. Einem Volk, das von seinem Land lebt, dieses Land zu rauben, ohne etwas dafür zu bezahlen, bedeutet, einen Völkermord in Kauf zu nehmen", lautete seine Anklage.
  Die Protestbewegung der Ogoni - mit Ken Saro-Wiwa an der Spitze - wuchs von Jahr zu Jahr. 1993 demonstrierten schon 300.000 Menschen gegen die Zerstörung des Ogonilands, und zeitweise mußte Shell die Ölförderung in der Region aufgeben. Das Militärregime General Sani Abachas, das 80 Prozent seiner Staatseinnahmen aus der Ölförderung bezog, reagierte darauf mit brutalem Terror. Todesschwadrone schwärmten aus, um Dörfer niederzubrennen, in denen oppositionelle Ogoni vermutet wurden. 2000 Ogoni starben, und auch ihr prominentester Sprecher, Ken Saro-Wiwa, sollte endgültig zum Schweigen gebracht werden.
  Saro-Wiwa war nicht nur Umweltschützer und Bürgerrechtler, er maß vor allem dem Schreiben eine hohe Bedeutung zu. Für ihn sei es das wichtigste, schrieb er in einem Brief aus dem Gefängnis wenige Tage vor seiner Hinrichtung, daß er seine "Talente als Schriftsteller dazu genutzt habe, das Volk der Ogoni zu befähigen, sich gegen seine Peiniger zu stellen. Ich war nicht in der Lage, es als Politiker oder als Geschäftsmann zu tun. Mit meiner Schriftstellerei habe ich es fertiggebracht."
  Ken Saro-Wiwa ist in seinem Leben den verschiedensten Tätigkeiten nachgegangen: er war Lebensmittelhändler und Hafenverwalter, Regierungsangestellter und Politiker, aber fast immer hat er nebenbei auch geschrieben: Kurzgeschichten und Kinderbücher, Theaterstücke und Romane. 1941 als Kind einer wohlhabenden Familie im Südosten Nigerias geboren, konnte Ken Saro-Wiwa eine höhere Schule besuchen und 1965 an der Universität von Ibadan sein Studium englischer Literatur abschließen. Danach arbeitete er als Dozent an einem College in Port Hartcourt, das - wie er in seinen letzten Aufzeichnungen schrieb - nur "einen Steinwurf weit von dem Gefängnis" entfernt liegt, in dem er drei Jahrzehnte später sterben sollte. Sein Gefängnistagebuch erschien posthum, die deutsche Übersetzung unter dem Titel Flammen der Hölle. Darin schrieb Ken Saro-Wiwa:
  "Das Unrecht geht im Land um wie ein Tiger auf Beutejagd. Hampelmännern auf Gnade und Ungnade ausgeliefert zu sein ist die schlimmste Beleidigung. Festzustellen, daß die Instrumente der staatlichen Macht einen zu Müll machen, ist die Kränkung."
  Für die deutsche Fassung dieses Buches wählte der Rowohlt-Verlag den Untertitel Nigeria und Shell: Der schmutzige Krieg gegen die Ogoni. Die Anwälte des Ölmultis wollten deshalb die Auslieferung des Buches verhindern und ließen wohl nur aufgrund der breiten öffentlichen Empörung von ihrem Zensurvorhaben ab. Shell wollte offensichtlich nicht, daß Ken Saro-Wiwas erschütternde Anklage gegen das rücksichtslose Vorgehen des Konzerns in Nigeria auch in deutscher Sprache nachzulesen ist.
 
  Sozaboys Odyssee
  Seine Erfahrungen mit den Greueln des Biafra-Krieges von 1967 bis 1970, der mehreren hunderttausend Menschen das Leben kostete, verarbeitete Saro-Wiwa in den 80er Jahren in seinem bekanntesten Roman Sozaboy. Die englische Ausgabe von Sozaboy trägt den Untertitel A Novel in Rotten English, was so viel heißt wie: "ein Roman in kaputtem Englisch". Tatsächlich hat Ken Saro-Wiwa ein sprachliches Experiment gewagt: Er hat den Roman in Pidgin- Englisch geschrieben, in dem gebrochenen Englisch, wie es die, die nie eine Schule besuchen konnten, auf den Straßen und in den Slums von Nigeria sprechen. Dadurch gewinnt dieses Buch eine besondere Faszination, die erfreulicherweise auch in der deutschen Übersetzung des dtv-Verlags erhalten bleibt.
  Sozaboy erzählt von dem jungen Burschen Mene aus dem Dorf Dukana, das in vielen Erzählungen Ken Saro- Wiwas als Synonym für das ländliche, rückständige Nigeria steht.
  In Dukana arbeitet Mene als Lehrling bei dem Fahrer des einzigen Lkw, der das Dorf mit der Außenwelt verbindet. Dadurch kommt Mene regelmäßig in die nächstgelegene Stadt, wo er sich in einer Bar in "Agnes mit dem N.S.B." verliebt, "Agnes mit dem Nagelneusuperbusen". Nach einigem Drängen willigt diese ein, seine Braut zu werden, aber nur, wenn er ein "Soza" wird, ein Soldat. Denn "Agnes mit dem N.S.B." schwärmt für die schicken Uniformen der Soldaten. Überall im Dorf verkündet Mene daraufhin, daß er Soldat werden will, weshalb er fürderhin nur noch "Sozaboy" gerufen wird. Doch er hat ein Problem: er ist zu klein und wird deshalb ausgemustert.
  Als sich der Bürgerkrieg ankündigt, taucht ein Regierungsbeauftragter in Dukana auf, um von der Kanzel der Dorfkirche die Mobilmachung zu verkünden.
  Sozaboy muß trotzdem noch einen Offizier bestechen, um endlich Soldat werden und in den Krieg ziehen zu können. Schon bald ist es jedoch vorbei mit der Soldatenherrlichkeit, mit schneidigem Marschieren in schicker Uniform. "Sozaboy" muß mit ungläubigem Erstaunen feststellen, daß "Flugzeuge, die kacken", Bomben werfen, die Menschen zerfetzen, und daß auch die Gewehre, die bellen, töten. Als bei einem verhehrenden Angriff nahezu sein gesamter Trupp umkommt, flieht "Sozaboy" schockiert von dem blutigen Schlachtfeld, bis er ohnmächtig zusammenbricht. Als er aufwacht, haben ihn die "Feindsozas", gefangengenommen. Sie pflegen ihn nur deshalb gesund, damit er nachher für sie kämpfen kann. Weil es bei den Kriegsgegnern auch nicht anders zugeht als zuvor, kommt Mene zu der Einsicht, Krieg sei "der größte Schwachsinn überhaupt und die Uniformen und das alles sind nur ein Trick, damit das keiner merkt. Genau wie einer Ziege, der geben sie auch viele leckere Sachen zu fressen, damit sie sich wohlfühlt und schön fett ist, wenn sie sie zu Weihnachten schlachten."
  Eines Nachts türmt "Sozaboy" erneut, um sich auf die Suche nach seiner Mutter und nach seiner Braut "Agnes" zu machen. Er zieht von einem Flüchtlingslager zum nächsten. Alle kommen ihm vor wie gigantische "Menschenabfallhaufen". Schließlich kehrt er in sein Heimatdorf Dukana zurück. Das Haus seiner Mutter steht nicht mehr, und das gesamte Dorf wirkt wie ausgestorben. Tatsächlich haben nur wenige Dorfbewohner den Krieg überlebt, und die haben sich sofort, als sie ihn sahen, in ihren Hütten verbarrikadiert. Sie halten ihn für einen bösen Geist, denn ihr "Sozaboy", der Mene aus Dukana, war schon vor langer Zeit, nach dem Fliegerangriff auf seine Truppe, für tot erklärt worden. Der einzige Dorfbewohner, den "Sozaboy" schließlich in der ausgebombten Kirche trifft, ist der Krüppel Duzia. Der erzählt Mene, daß seine Mutter und seine Braut Agnes schon in den ersten Kriegstagen umgekommen sind, und daß die abergläubischen Dorfbewohner ihn aus Angst nachts bei lebendigem Leib begraben wollen. "Sozaboy" flieht deshalb ein letztes Mal.
  "Ich hab wirklich überhaupt nicht gewußt, wohin. Und ich habe daran gedacht, wie der Krieg mein Dorf Dukana kaputtgemacht hat und aus vielen Leuten Nichtsnutze gemacht hat. Und wie er viele andere Leute umgebracht hat, plus meine Mama und meine Frau Agnes, meine schöne junge Frau mit N.S.B. Und jetzt war ich wegen diesem Krieg wie einer, der Lepra hat, weil ich hab ja kein Dorf mehr gehabt. Und dann hab ich dran gedacht, wie großartig ich mich gefühlt habe, als ich zu den Sozas gegangen bin und als ich mich Sozaboy genannt habe. Aber jetzt, wenn mir jetzt noch mal einer was von Krieg erzählen will, oder sogar, daß ich kämpfen soll, dann laufe ich einfach weg. Und laufe und laufe und laufe und laufe", lauten die letzten Worte Menes in Sozaboy.
  "Meine Kunst soll dazu beitragen, das Leben einer großen Zahl von Menschen zu verändern, ja, des gesamten Landes. Meine Literatur und die Geschichten, die ich erzähle, müssen deshalb ganz anders ausfallen als die von Künstlern der westlichen Welt. Mir geht es nicht um einen Ego-Trip, sondern um Politik und Ökonomie, sprich: um alles, was eine Gesellschaft ausmacht. Nur so bekommt Kunst eine Bedeutung, sowohl für den Künstler, wie für sein Publikum", beschreibt Ken Saro Wiwa sein Selbstverständnis als Schriftsteller.
 
  Wole Soyinka
  Der bekannteste nigerianische Schriftsteller, Wole Soyinka, wurde 1986 als erster Afrikaner mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Mit den Gefängniszellen seines Landes hatte Soyinka schon bald nach der Unabhängigkeit Bekanntschaft machen müssen. Weil er gegen den Biafra-Krieg opponiert und zu einem Waffenembargo gegenüber beiden Kriegsparteien aufgerufen hatte, mußte er Ende der 60er Jahre 28 Monate im Hochsicherheitstrakt des Gefängnisses von Kaduna verbringen. Seine Hafterfahrungen hat Soyinka in der autobiografischen Erzählung The Man is Dead festgehalten. Für die beim Züricher Verlag Ammann erschienene deutsche Ausgabe Der Mann ist tot schrieb Soyinka 1987 ein Vorwort, in dem er die Autoren seines Landes aufforderte, die Sprache als Waffe gegen die Diktatur zu nutzen. Ausgehend davon, daß die Schriftsteller "anfangen, alle willkürliche Macht - und das heißt alle Formen der Diktatur - als von Natur aus und von ihren Möglichkeiten her obszön anzusehen", müßte, so Soyinka, "selbstverständlich die Sprache ... deren Anspruch kompromißlos zurückweisen, indem sie sich bemüht, die Macht lächerlich und verächtlich zu machen, ihre Anmaßung bis in den Kern bloßzulegen. Eine solche Sprache gibt nicht vor, die Machtstrukturen zerstören zu können - das kann ohnehin nur eine gemeinsame Anstrengung leisten; sie trägt aber zur psychologischen Stärkung der öffentlichen Einstellung gegenüber allen Formen der Unterdrückung bei. Die Sprache muß ein Teil der Widerstandstherapie sein."
  Wole Soyinka hat selbst eindringlich den Nachweis erbracht, was Literatur zur Kritik der bestehenden Verhältnisse beitragen kann. So analysierte er in seinem 1973 geschriebenem Roman Season of Anomy die Strukturen der Gewaltherrschaft der in- und ausländischen Potentaten in Nigeria.
  In Zeit der Gesetzlosigkeit, so der Titel der deutschen Übersetzung, erzählt Soyinka über den Aufstand einer kleinen revolutionären Volksgruppe gegen die Herrschaft brutaler Militärmachthaber. Der Roman liest sich heute wie eine Parabel auf den Kampf der Ogoni, die Anfang der 90er Jahre - mit ihrem Sprecher Ken Saro-Wiwa - begannen, gegen die Zerstörung des Nigerdeltas durch die Ölförderung zu protestieren.
  "Season of Anomy war eine Warnung, aus der Geschichte zu lernen, statt sie schönzufärben. Der Roman gab einen Ausblick auf das, was uns unvermeidbar bevorstehen würde, wenn sich die gesellschaftlichen Trends, die ich zu dieser Zeit beobachtete, fortsetzten und es keinen scharfen Bruch geben sollte. Wenn es Paralellen gibt zwischen dem, was ich damals geschrieben habe, und dem, was wir heute in Nigeria erleben, so beruht dies nicht auf Prophetie, sondern auf der Art, wie Literatur arbeitet. Es ist wahr, daß der Roman in einer Flußlandschaft spielt, die dem Nigerdelta sehr ähnlich ist, und daß die Hoffnung der tragenden Figur, eine menschenwürdige Gemeinschaft aufzubauen, tatsächlich wie eine aktuelle Beschreibung dessen erscheint, was Ken Saro-Wiwa im Ogoniland versucht hat. Die Literatur reflektiert reale Erfahrungen, wie auch das Theater und die Poesie. Genau deshalb sind Schriftsteller in Nigeria so gefährdet. Denn das Regime fürchtet die Macht der Feder", so Soyinka über seinen Roman Zeit der Gesetzlosigkeit.
  Gegen das Terrorregime in Nigeria kämpft der Nobelpreisträger für Literatur, Wole Soyinka, nicht nur mit der Feder, sondern auch als Politiker. Nach der Annulierung der Präsidentschaftswahlen von 1993 durch die Militärs sah sich Soyinka 1994 einmal mehr gezwungen, sein Land zu verlassen. Aus seinem US-amerikanischen Exil mobilisierte er den Widerstand gegen das nigerianische Militärregime.
  1996 wird er zum Sprecher des Oppositionsbündnisses United Democratic Front of Nigeria gewählt, das bei einem Geheimtreffen in Westafrika von 25 Organisationen der demokratischen Opposition Nigerias gegründet wird. Nigerias Militärmachthaber erlassen deshalb 1997 einen Haftbefehl wegen angeblichen Hochverrats gegen Wole Soyinka. Als am 8. Juni 1998 der General und Diktator Sani Abacha überraschend stirbt, hoffen viele auf eine Demokratisierung des Landes. Doch mit dem General Abdulsalam Abubakar übernimmt wiederum ein Militär das höchste Staatsamt. Dieser verspricht zwar eine Demokratisierung des Landes und hebt auch den Haftbefehl gegen Soyinka auf.
  Doch Soyinka bleibt skeptisch gegenüber Abubakar und kritisiert die Oppositionellen und die westlichen Regierungen, die plakative Versprechen Abubakars sogleich für bare Münze nehmen. "Die Nichtwiderrufung von Abachas Erlassen ist Tatsache, doch niemand scheint sich darüber aufzuregen. Statt dessen aber beeilen sich alle, mit diesem Mann ins Bett zu steigen", sagt Soyinka in einem Interview September 1998.
  Für Nigeria könnte der Schriftsteller und Theaterautor, Lyriker und Dramaturg, Nobelpreisträger und Oppositionssprecher Wole Soyinka eine ähnlich bedeutsame Rolle spielen, wie sie Nelson Mandela in Südafrika zukam: Viele sehen in Soyinka einen möglichen Kandidaten für das Amt des Staatspräsidenten, einen, der über die nötige moralische Integrität verfügt, um das von Korruption und Mißwirtschaft, von Militärterror und von ethnischen Rivalitäten zerrüttete Land in eine friedliche, demokratische Zukunft zu führen. Darauf angesprochen, antwortet Soyinka im September 1998 ausweichend, daß nicht er als Einzelner, sondern die demokratische Opposition gemeinsam über die politische Zukunft des Landes, und damit auch über seine persönliche, zu entscheiden habe.
  Karl Rössel