Sozialistische Zeitung

SoZ SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.06 vom 18.03.1999, Seite 2

Bomben gegen Ausstellung

Kommentar: Jakob Moneta

Die Ermittler im Bombenanschlag auf die Wehrmachtsausstellung in Saarbrücken gehen davon aus, daß es "keine Laien, sondern Profis" gewesen seien, die das Attentat verübten. Wo aber gibt es wohl Profis für "Bomben"?
  Es waren politische Profis der CDU, die in einer Anzeige schon vor der Eröffnung die "einseitige Darstellung" der Ausstellung scharf kritisiert hatten. Dabei ist ihr wissenschaftlicher Charakter, ihr Wahrheitsgehalt, von Experten einwandfrei bestätigt worden.
  Anfang 1997 warf der damalige Münchener CSU-Vorsitzende Peter Gauweiler den Herstellern dieser Dokumentation der Verbrechen der Wehrmacht vor, "einen Vernichtungsfeldzug gegen das deutsche Volk" zu führen. Der Freiburger Militärhistoriker Gerhard Schreiber stellte jedoch fest, in der Ausstellung würden keine "Pauschalurteile gegen die Soldaten der Wehrmacht gefällt". Vielmehr würden die ehemaligen Landser gezwungen anzuerkennen, daß sie "letztlich in einem verbrecherischen System mitgewirkt haben".
  Unter den mehr als 700.000 Menschen, die in mehr als 30 Städten diese erschütternde Dokumentation anschauten, waren besonders viele Jugendliche. Ihre gemeinsame Empfindung des Schreckens über den Vernichtungskrieg, die Zerstörung des Mythos der "sauberen Wehrmacht" muß wohl politischen "Profis" als bedenklich erscheinen. Muß das nicht den "Wehrwillen" noch mehr zersetzen, der sich in der steigenden Zahl von Kriegsdienstverweigerern ohnehin manifestiert?
  Für Professor Jan Philipp Reemtsma, den Gründer des Hamburger Instituts für Sozialforschung, in dem Dr. Johannes Heer in mühevoller akribischer Kleinarbeit die Ausstellung erstellte, ist eines klar: Wo Vertreter demokratischer Parteien "klare Abgrenzungen nach rechts vermissen lassen", haben sich "Extremisten zu Ausschreitungen ermuntert gefühlt". Dort jedoch, wo sich Kritiker in "verbale Nähe zur Gewaltherrschaft begeben", zeige sich, "daß es nicht um kontroverse Bewertung von Tatsachen geht, sondern um eine emotionale Rebellion gegen die Feststellung von Tatsachen". Diese aber "seien weder mit Verleumdungen noch mit Bomben aus der Welt zu schaffen".
  Der PDS-Landesverband erwägt eine Anzeige wegen Anstiftung zur Straftat. Immerhin hat Dr. Johannes Heer die Anzeigenaktion der Christdemokraten "vom Vokabular her rechtsextrem" genannt. Die CDU Saarland prüft, ob sie gegen diese Äußerung rechtliche Schritte unternehmen kann.
  Der saarländische Innenminister Richard Läpple (SPD) rief dazu auf, mit Verlautbarungen "kein zusätzliches Öl ins Feuer zu gießen". Er stelle sich "schützend" vor die CDU, wenn diese in die Nähe von Rechtsextremisten gerückt werde. Die CDU-Fraktion im saarländischen Landtag fordert Regierungschef Reinhard Klimmt (SPD) auf, seine Schirmherrschaft über die Ausstellung aufzugeben. Dieser meinte jedoch, der Bombenanschlag beweise, "wie notwendig es ist, über Gewalt kritisch zu diskutieren". Die CDU will das Thema im Landtag zur Sprache bringen - unter dem Titel: "Waren unsere Väter Verbrecher?" Diejenigen, die in Strafbataillons Minen räumen mußten, die in Zuchthäuser oder KZs wanderten, die durch Henkersbeil oder Gas vernichtet wurden, oder aber diejenigen, die ,freiwillig oder "gezwungen", zu Verbrechern, Folterknechten und Henkern wurden?
  Geht es aber bei all dem wirklich um die Bewältigung der Vergangenheit? Oder halten es die Befürworter militärischer Operationen, die Verteidiger staatsterroristischer Bombardierung von Irak durch die USA und Großbritannien oder von Einsätzen auf dem Balkan mit Beteiligung der Bundeswehr nicht für opportun, wenn das vernichtende Eingreifen von Großmächten dokumentiert wird? Immerhin ist der Vernichtungskrieg der USA gegen Vietnam noch nicht vergessen.
 


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