Sozialistische Zeitung |
I Was ist "Neue Arbeit"?
Das Konzept der Neuen Arbeit, als Idee zuerst konzipiert von Frithjof Bergmann, geht von der Erkenntnis aus, daß die Menge der
Erwerbsarbeit und damit die Zahl der regulären Arbeitsverhältnisse immer mehr schrumpft.
Stadtviertel mit alten Industrien, wie Köln-Mülheim, leiden besonders unter dieser Entwicklung. Staatliche Versuche
Arbeitsplätze zu schaffen können das Problem nicht lösen, sondern nur verlagern; ABM und HzA schaffen keine dauerhafte
Arbeit. Nach dem Ende der Maßnahme wartet meist wieder die Arbeitslosigkeit.
Neue Arbeit sieht dagegen vor, einen Teil Erwerbsarbeit zu verbinden mit Selbstversorgung auf hohem technischen Niveau (high-tec-
selfproviding) und schöpferischer Tätigkeit, dem sogeannten Calling.
In der Bundesrepublik und in anderen Ländern gibt es heute zahlreiche Versuche, diese Ideen Wirklichkeit werden zu lassen. In
Köln-Mülheim haben Initiativen auf dem Gebiet der Neuen Arbeit über viele Jahre Erfahrungen gesammelt.
II Initiatoren
Das Institut für Neue Arbeit ist entstanden aus der Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim e.V. und der "Mülheimer
Erklärung", einem Zusammenschluß von 30 Vereinen und Initiativen im Stadtviertel Köln-Mülheim.
Die Sozialistische Selbsthilfe Mülheim arbeitet seit zwanzig Jahren im Stadtviertel mit Obdachlosen und Behinderten. Sie ist ein
selbstverwalteter Betrieb, der ohne öffentliche Zuschüsse wirtschaftet, und eine ganze Reihe von Initiativen im Viertel und
darüber hinaus initiiert hat, wie "Wohnen gegen den Strom e.V.", ein autonomes Modell für Bauen, Wohnen und Leben,
"Kulturbunker e.V.", ein selbstverwaltetes Kulurzentrum, "Böcking-Treff e.V.", ein selbstverwalteter Jugend- und
Nachbarschaftstreff, "Bauen-Wohnen-Arbeiten e.V.", Obdachlose bauen sich selber Wohnungen und schaffen sich
Arbeitsplätze auf dem Gelände einer ehemaligen Kaserne.
Die Mülheimer Erklärung ist ein Zusammenschluß aus dem Kreis der Bürgerdienste Mülheim. Angesichts
wachsender Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit einerseits und zunehmender Industriebrachen andererseits fordert sie neue Wege zur
Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die über die "Ein-Jahres-Perspektive" der ABM und HzA hinausgehen. Deshalb
fordert sie , auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofes beispielhaft die Schaffung von Arbeitsplätzen zu initiieren und
dabei Formen von Neuer Arbeit zu erproben.
III Zielsetzung
Das Institut für Neue Arbeit hat es sich zum Ziel gesetzt, ausgehend von der zwanzigjährigen Erfahrung der Initiativen im
Stadtviertel und basierend auf einer Vielzahl erfolgreich arbeitender Projekte,
-die vorhandenen Erfahrungen theoretisch aufzuarbeiten,
-die gewonnenen Ergebnisse mit anderen Erfahrungen zu vergleichen,
-konkrete Projekte zu initiieren, zu planen und anzuleiten,
-bestehende Arbeitsgruppen und Projekte miteinander zu vernetzen
-Seminare und Workshops zu veranstalten, die allen Interessierten, insbesondere aber den Mülheimer BürgerInnen die
Möglichkeit bieten, sich aktiv an der Planung und Gestaltung ihrer Lebens- und Arbeitsmöglichkeiten im Viertel zu beteiligen und
die dazu notwendigen Techniken zu erlernen und einzuüben,
-den Planungsprozeß "Industriebrache Mülheim" zu begleiten und zu moderieren.
IV Vorhaben
Das Institut für Neue Arbeit arbeitet seit über einem Jahr in Räumen der Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim in der
Düsseldorfer Straße 74. Diese will sie zu einer Tagungsstätte mit Bibliothek, Übernachtungsräumen, Büro,
Küche etc. ausbauen, in denen die oben geschilderten Arbeiten, Forschungen, Workshops etc. durchgeführt werden
können.
Das Institut für Neue Arbeit wird darüberhinaus Forschungsaufträge annehmen und durchführen, die sich mit der
Zukunft der Arbeitsgesellschaft und Alternativen zur Erwerbsarbeit befassen.