Sozialistische Zeitung

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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.11 vom 27.05.1999, Seite 5

Grenzen auf für Kosovo-Flüchtlinge!

Alles, was von der internationalen Gemeinschaft an militärischen, politischen und insbesondere an humanitären Bemühungen aufgebracht wird, dient dem Ziel, den Vertriebenen Schutz und Hilfe zukommen zu lassen ... und dafür zu sorgen, daß die Flüchtlinge so schnell wie möglich wieder in ihre Heimat im Kosovo zurückkehren und dort in Frieden leben können." So die Bundesregierung.
  Was davon zu halten ist, zeigen die "Länderberichte" der rot-grünen Regierung zur Situation im Kosovo. Diese Länderberichte vom Auswärtigen Amt dienen in Asylverfahren als "Entscheidungshilfe" für die Gerichte. Im Länderbericht Kosovo vom 18.November letzten Jahres, einen Monat nach dem Bundestagsbeschluß über eine Beteiligung an NATO-Angriffen gegen Jugoslawien, hieß es noch: "Die Wahrscheinlichkeit, daß Kosovo-Albaner im Falle ihrer Rückkehr in ihre Heimat massiven staatlichen Repressionen ausgesetzt sind, ist insgesamt als gering einzuschätzen."
  Mit dieser Begründung wurden 1998 nur 2,5% aller Asylanträge von Flüchtlingen aus dem Kosovo anerkannt - Abschottungspolitik pur. Wenn Gerichte trotzdem Abschiebungen verhinderten, gab es Politikerschelte, z.B. durch Bayerns Innenminister Beckstein (CSU).
  Sogar am 17.März, eine Woche vor Beginn der NATO-Luftangriffe, hieß es im Länderbericht noch: "Kosovo-Albaner unterliegen bei ihrer Rückkehr ins Heimatland weiterhin keiner Gruppenverfolgung."
  Am 29.April zog Staatsminister Volmer diese Berichte aus dem Verkehr. Sie hätten "nicht der empirischen Wahrheit" entsprochen, sondern seien "aus innenpolitischen Gründen [sprich: zur Flüchtlingsabwehr] von der alten Regierung so verfaßt worden", zitierte die "Frankfurter Rundschau" den Staatsminister.
  Die Regierung hat also bis Ende April unwahre Länderberichte über die Situation im Kosovo an Gerichte geschickt, damit diese Asylanträge von Flüchtlingen aus dem Kosovo ablehnen - während sie gleichzeitig verkündete, die "humanitäre Katastrophe" im Kosovo solle mit den Bombenangriffen beendet werden.
  Die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke hat diesen Skandal zum Thema einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung gemacht. Hier einige Antworten der Bundesregierung:
  Zwischen dem 16.10.98 und 25.3.99, also nach dem Beschluß des Bundestags, sich am Bombenkrieg gegen Jugoslawien zu beteiligen, und dem Beginn dieser Angriffe, wurden 13.352 Asylanträge von Kosovo-Albanern, die nach Deutschland geflohen waren, abgelehnt!
  Sogar nach dem 25.3.99 wurden "versehentlich ... noch ... ablehnende Entscheidungen versandt".
  Wenn Asylanträge von Kosovo-Flüchtlingen abgelehnt waren, wurden diese "in der Regel nach Belgrad" wieder abgeschoben. Soviel zur Behauptung der Bundesregierung, im Zentrum ihrer Politik stehe die Sorge um das Wohl der Kosovo- Flüchtlinge!
  Tatsache ist zudem: Auch die 10.000 Kosovo-Flüchtlinge, die kürzlich hier aufgenommen wurden, haben kein Asyl. Im Gegenteil: Vor der Anerkennung als "Kontingentflüchtlinge" mußten sie verzichten, einen Asylantrag zu stellen. Sobald deutsche Ämter keinen Grund mehr für ihren Aufenthalt sehen, werden sie wieder abgeschoben.
  Auch das Recht auf Familiennachzug ist den Flüchtlingen weiter verwehrt. Wer zur medizinischen Behandlung einreisen durfte, wird nachher wieder abgeschoben.
  Sogar einen Abschiebestopp für Kosovo-Flüchtlinge lehnt die Regierung ab. Damit sind etwa 100.000 der 300.000 hier lebenden Flüchtlinge aus dem Kosovo ausreisepflichtig, weil ihre Asylanträge rechtskräftig abgelehnt wurden. Auch die Entlassung von Kosovo-Flüchtlingen aus der Abschiebehaft ist nicht geplant.
  Die Bonner Politik gegenüber Flüchtlingen hat auch unter Rot-Grün mit der Achtung von Menschenrechten weiter nichts zu tun.
Ulla Jelpke

Ulla Jelpke ist innenpolitische Sprecherin der PDS-Bundestagsfraktion.


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