Sozialistische Zeitung |
Anläßlich des Anti-EU-Gipfels in Köln trafen sich erstmals antirassistische Gruppen aus der
Schweiz, den Niederlanden, Belgien, Frankreich und Deutschland. Die neuesten Entwicklungen der Einwanderungspolitik in der Festung
Europa lassen eine stärkere Vernetzung untereinander dringend notwendig erscheinen. So lautet das Credo der europäischen
Regierung: "Kampf der illegalen Einwanderung", um ihre unmenschliche Praxis zu rechtfertigen. Flüchtlingslager werden in
immer abgelegeneren Gebieten errichtet, um unwillkommene MigrantInnen bis zu ihrer Deportation festzuhalten.
Durch die Errichtung europäischer Sammellager und die zunehmende Praxis von Sammeldeportationen ist es immer schwieriger
geworden, mit den Flüchtlingen frühzeitig Kontakt aufzunehmen und rechtzeitig etwas gegen die Abschiebungen zu unternehmen.
Auch ist es einfacher, auf Linienflügen die Fluggäste zu informieren als kleine Businessflüge zu stoppen, deren Abflugzeiten
und -orte häufig geheim gehalten werden. In der Schweiz ist man nun sogar schon dazu übergegangen, Asylbewerber bspw. nach
Ghana zu deportieren, um sie dort zu inhaftieren.
Innerhalb der letzten Jahre ist das Schengener Informationssystem (SIS) eine supranationale Einrichtung geworden. Ein Datenabgleich innerhalb
aller europäischen Länder, einschließlich Osteuropas, ist nun möglich. Ein wichtiger Baustein dabei ist EURODAC,
ein einheitliches System für Fingerabdrücke in Europa. Nun ist es sogar erlaubt, Fingerabdrücke schon von 14jährigen
zu nehmen. Durch die neue Datenvernetzung ist es den Flüchtlingen so unmöglich geworden, in einem zweiten Land einen erneuten
Asylantrag zu stellen, wenn sie woanders bereits abgewiesen worden sind. Die Visapolitik ist damit noch erheblich verschärft
worden.
Zusätzlich werden auch noch Kontrollen an wichtigen Straßen durchgeführt, wie überhaupt die Grenzpolizei immer
mehr aufgerüstet wird.
Vorgestellt wurden verschiedene Kampagnen gegen Abschiebung, z.B. die Information von Pilotinnen und Piloten oder die
Imageschädigung von an Abschiebungen beteiligten Fluggesellschaften. Ein Vertreter der Sans Papiers in Frankreich berichtete von
Protestaktionen gegen die Hotelkette IBIS. Zwischen 150 und 200 Menschen waren gekommen, um am 8.Mai gegen Vermietungen an das
Innenministerium zu protestieren. Die Zimmer werden als Wartezonen für Abschiebungen benutzt.
Auch gegen eine Filiale von Accor Wagons-Lits Travel gab es Protestaktionen, da sie Plätze in Zügen und Flugzeugen für
Abschiebungen reserviert.
Drei Vertreter der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen riefen zur Unterstützung ihres Hungerstreiks
auf.
Das sehr produktive Treffen war überschattet vom Tode Aamir Ageebs, eines 30jährigen sudanesischen Asylbewerbers, der einen
Tag zuvor von deutschen Polizisten bei der Abschiebung getötet worden war. Man war sich einig, daß dieser Tod für die
Verantwortlichen nicht folgenlos bleiben dürfe.
Im Oktober soll die antirassistische Vernetzung im finnischen Tampere weiter vorangetrieben werden.
Monika Piendl