Sozialistische Zeitung

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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.12 vom 10.06.1999, Seite 8

EU-Alternativgipfel

Antirassistisches Forum

Anläßlich des Anti-EU-Gipfels in Köln trafen sich erstmals antirassistische Gruppen aus der Schweiz, den Niederlanden, Belgien, Frankreich und Deutschland. Die neuesten Entwicklungen der Einwanderungspolitik in der Festung Europa lassen eine stärkere Vernetzung untereinander dringend notwendig erscheinen. So lautet das Credo der europäischen Regierung: "Kampf der illegalen Einwanderung", um ihre unmenschliche Praxis zu rechtfertigen. Flüchtlingslager werden in immer abgelegeneren Gebieten errichtet, um unwillkommene MigrantInnen bis zu ihrer Deportation festzuhalten.
Durch die Errichtung europäischer Sammellager und die zunehmende Praxis von Sammeldeportationen ist es immer schwieriger geworden, mit den Flüchtlingen frühzeitig Kontakt aufzunehmen und rechtzeitig etwas gegen die Abschiebungen zu unternehmen. Auch ist es einfacher, auf Linienflügen die Fluggäste zu informieren als kleine Businessflüge zu stoppen, deren Abflugzeiten und -orte häufig geheim gehalten werden. In der Schweiz ist man nun sogar schon dazu übergegangen, Asylbewerber bspw. nach Ghana zu deportieren, um sie dort zu inhaftieren.
Innerhalb der letzten Jahre ist das Schengener Informationssystem (SIS) eine supranationale Einrichtung geworden. Ein Datenabgleich innerhalb aller europäischen Länder, einschließlich Osteuropas, ist nun möglich. Ein wichtiger Baustein dabei ist EURODAC, ein einheitliches System für Fingerabdrücke in Europa. Nun ist es sogar erlaubt, Fingerabdrücke schon von 14jährigen zu nehmen. Durch die neue Datenvernetzung ist es den Flüchtlingen so unmöglich geworden, in einem zweiten Land einen erneuten Asylantrag zu stellen, wenn sie woanders bereits abgewiesen worden sind. Die Visapolitik ist damit noch erheblich verschärft worden.
Zusätzlich werden auch noch Kontrollen an wichtigen Straßen durchgeführt, wie überhaupt die Grenzpolizei immer mehr aufgerüstet wird.
Vorgestellt wurden verschiedene Kampagnen gegen Abschiebung, z.B. die Information von Pilotinnen und Piloten oder die Imageschädigung von an Abschiebungen beteiligten Fluggesellschaften. Ein Vertreter der Sans Papiers in Frankreich berichtete von Protestaktionen gegen die Hotelkette IBIS. Zwischen 150 und 200 Menschen waren gekommen, um am 8.Mai gegen Vermietungen an das Innenministerium zu protestieren. Die Zimmer werden als Wartezonen für Abschiebungen benutzt.
Auch gegen eine Filiale von Accor Wagons-Lits Travel gab es Protestaktionen, da sie Plätze in Zügen und Flugzeugen für Abschiebungen reserviert.
Drei Vertreter der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen riefen zur Unterstützung ihres Hungerstreiks auf.
Das sehr produktive Treffen war überschattet vom Tode Aamir Ageebs, eines 30jährigen sudanesischen Asylbewerbers, der einen Tag zuvor von deutschen Polizisten bei der Abschiebung getötet worden war. Man war sich einig, daß dieser Tod für die Verantwortlichen nicht folgenlos bleiben dürfe.
Im Oktober soll die antirassistische Vernetzung im finnischen Tampere weiter vorangetrieben werden.
Monika Piendl


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