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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.13 vom 24.06.1999, Seite 7

Frauen auf dem G7-Alternativgipfel

Alternativen zur globalisierten Wirtschaft

Eine Alternative ist nicht nur notwendig, sie hat auch schon angefangen". Mit diesen Worten eröffnete die Soziologin Maria Mies das Symposium gegen "die Monokulturen der Globalisierung" im Rahmen des Alternativgipfels in Köln.
Helena Norberg-Hodge aus England, Trägerin des Alternativen Nobelpreises, stellte die Kampagne "Global to local" gegen den genmanipulierten Markt vor. Aus der sei in England bereits eine schnell wachsende Bewegung geworden. Norberg-Hodge kämpft seit 20 Jahren gegen die Zentralisierung der Wirtschaft.
Sogar die Regierungen arbeiteten heute für multinationale Interessen, Unterschiede zwischen den politischen Parteien lösten sich mehr und mehr auf, klagt Norberg-Hodge. So stehe Tony Blair (Labour) in England nun sogar weiter rechts als sein Amtsvorgänger John Mayor (Konservative). Blair will ein Europa, das für eine "Harmonisierung" von Verschiedenheiten eintrete. Diese Standardisierung geschehe allein im Interesse multinationaler Konzerne, für die Vielfalt auf der lokalen Produktionsebene ein Problem sei.
Norberg-Hodge betonte auch die psychologische Seite der Globalisierung. Es entstehe nämlich eine kulturelle Monokultur, die das Selbstbewußtsein der Menschen, vor allem der Kinder zerstöre. Sie plädiert deshalb dafür, zu lokalen Verhältnissen zurückzukehren, was auch in Großstädten möglich sei. Allerdings würden wir gezwungen, immer mehr zu konsumieren. So würden in den USA pro Tag 1 Milliarde Dollar für Werbung ausgegeben. Unsere Steuergelder würden für den Ausbau von Straßen und Transportwegen, für Chemikalien und eine wachsende Bürokratie für die Großproduktion verschwendet. Der unsinnige Transport von Nahrungsmitteln in ferne Länder verschlinge Usummen von Subventionen.
Norberg-Hodge rief deshalb alle zu mehr politischen Engagement auf. Sie sei trotz allem sehr optimistisch, denn wenn es ein paar 100 AktivistInnen gelungen sei, das Investitionsschutzabkommen MAI zu blockieren, sei auch die Milleniumrunde nicht unbezwingbar. Schon 600 Organisationen haben die Deklaration gegen die sogenannte Milleniumrunde WTO unterschrieben.
In der Diskussionsrunde wurde das Thema "gender" und Globalisierung aufgeworfen. "Gender", hieß es, sei die eigentliche Grundlage der Globalisierung. Michel Chossudowsky kritisierte die Finanzierung von NGOs und Frauenprojekten durch die Weltbank. Nicht der Konflikt zwischen Männern und Frauen sei das eigentliche Übel, sondern die Trennung von arm und reich. Maria Mies wandte, sie habe sich immer gegen den Begriff "gender" gewehrt. Die Weltbank habe diesen kritischen Begriff aus der Frauenbewegung, ebenso wie den der "diversity", okkupiert und aufgeweicht. Sie beharrte darauf, daß Frauen von der Globalisierung stärker betroffen seien und die Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern dringend aufgehoben werden müsse. Die Klassen- und Geschlechterwidersprüche bestünden nebeneinander, nur daß der letztere sehr viel älter sei. Sexismus und Gewalt seien sogar im Zunehmen begriffen. Von einer Gleichstellungspolitik halte sie aber nichts, vielmehr sei die Demilitarisierung das größte Problem. Die Friedensbewegung habe sich aber leider bisher weder der Geschlechterproblematik noch der globalen Wirtschaft angenommen.
Norberg-Hodge kritisierte an der Frauenbewegung, daß sie sich zu wenig um das Thema Wirtschaft kümmere. Die Nord-Süd- Bewegung und der Aufbau lokaler Initiativen und ihre regionale und weltweite Vernetzung sei die wahre Alternative zu einer isolierten Bewegung. Kritisch anmerken ließe sich, daß nicht problematisiert wurde, ob in den lokalen Bewegungen die Frau nicht wieder mit der Natur gleichgesetzt und auf ihre reproduktiven Fähigkeiten und frauenspezifische Tätigkeiten beschränkt werde.
Um Globalisierung und Umwelt ging es im anschließenden Vortrag von Vandana Shiva, Atomphysikerin und Alternative Nobelpreisträgerin aus Indien. Sie berichtete über den Widerstand gegen die Abholzungen im Himalaya und das Netzwerk "Diverse Women for Diversity" gegen die Monokulturen. In sehr lebendiger Weise stellte sie die Effizienz der lokalen Ökonomien den zerstörerischen Machenschaften der Biotechnikkonzerne wie Monsanto gegenüber. Letztere bezeichnete sie als "dead sciences companies", die sowohl die LandwirtInnen als auch die KonsumentInnen versklaven würden.
Diese These wurde von Farida Akhter, Mitglied einer BäuerInnenorganisation in Bangladesh, unterstrichen. Ihr Vortrag stand unter dem Motto "For food security and happy life". Sie beschrieb die Auswirkungen der Monokulturen und der Gentechnologie auf Natur und Mensch in Bangladesh. So habe ein großes Sterben von Fischarten begonnen. Was überlebt, sei oft ungenießbar. Das Saatgut der Multis wie Monsanto zwängen den BäuerInnen Hybrid-Saatgut auf, dessen Früchte unfruchtbar sind. So entstünden Abhängigkeiten, da das Saatgut immer wieder neu gekauft werden müsse. Dabei sei Bangladesh in der Lage, ohne Gentechnologie und ohne gesundheitliche Gefahren alle Menschen zu ernähren.
Akhter warnte auch noch vor den Mikro-Krediten, die Weltbank und andere den Frauen in den armen Ländern als Wirtschaftshilfe anbieten. Diese gingen oftmals nicht in die Produktion sondern würden für den täglichen Bedarf oder auch für westliche Konsumgüter ausgegeben. Die Frauen, so Akhter, geraten dadurch in eine Schuldenfalle, während westlichen Konzernen neue Absatzmärkte erschlossen werden.
Am Beispiel der Textilindustrie in ihren Ländern verdeutlichten Fahrida Akhter und Vandana Shiva die verhängnisvollen Auswirkungen des freien Weltmarktes auf die einheimischen Produktionen. Bis zur Deregulierung Anfang der 90er Jahre habe es bei ihnen eine blühende Textilindustrie gegeben. Damit ist es allerdings seit Öffnung der Märkte vorbei. Billige Industriewaren drängen nun auf die lokalen Märkte und machen den kleinen Webern Schneidern das Leben schwer. Viele mußten ihr Handwerk aufgeben. Einige tausend, so Shiva, sind sogar verhungert.
Daß auch im Norden gegen die Folgen der Globalisierung gekämpft wird beschrieb Teresa Wolfwood aus Kanada. In ihrem sehr engagierten Vortrag zeigte die Aktivistin der Frauenumweltbewegung auf, daß es sehr wohl "Alternativen in der reichen Welt" gibt.
Eines der wichtigsten Umweltthemen sei in Kanada derzeit der Kampf um Wasserrechte. Konzerne wollen Wasser in großen Mengen exportieren. Auch in diesem Zusammenhang tauchte der Name des Multis Monsanto auf, der versucht, Wasserrechte unter seine Kontrolle zu bekommen. Der Widerstand gegen den Ausverkauf des kanadischen Wassers sei allerdings stark. Sie sei daher optimistisch, daß die Globalisierung von den BürgerInnen gestoppt werden kann.
Monika Piendl


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