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Rund 100 Menschen kamen am ersten Augustwochenende in Flensburg zusammen, um mit einem
mehrtägigen "Grenz-Camp" gegen die Abschottungspolitik der EU-Staaten gegenüber Flüchtlingen zu
protestieren. An der nahegelegenen Grenze zu Dänemark und in der Fußgängerzone der Fördestadt wurden
zweisprachige Aktionszeitungen verteilt. Das Camp selbst wurde am zentralgelegenen Hafen aufgeschlagen. Zu einem Zwischenfall kam es, als
rabiate Polizeibeamte gegen eine Aktion in der Innenstadt vorgingen: Bei Rangeleien wurde auch gegen zwei Journalisten vorgegangen, die das
Geschehen beobachteten. Jeweils mehrere Beamte stürzten sich auf die beiden, warfen sie zu Boden um sie zu fesseln und für zwei
Stunden festzunehmen.
Die deutsch-dänische Grenze ist seit Jahrzehnten für die Bürger auf beiden Seiten ein Musterbeispiel für eine
grüne Grenze, die sie oft und problemlos überqueren. Für Flüchtlinge ist sie hingegen eine gefährliche Falle auf
dem Weg nach Skandinavien. Da Deutschland und Dänemark einander als sicheres Drittland ansehen, haben Flüchtlinge kaum eine
Chance die Grenze legal zu überschreiten um beim Nachbarn Asyl zu beantragen. Wer es dennoch versucht und erwischt wird, wird
zurückgeschoben und landet oftmals direkt in der Abschiebehaft.
In den letzten Jahren sind im Norden beiderseits der Grenze die Kontrollen erheblich verstärkt worden. Sowohl der Bundesgrenzschutz
als auch die dänische Grenzpolizei wurden aufgestockt und patroullieren vermehrt im Hinterland. In Schleswig-Holstein gibt es seit dem
Frühjahr regelmäßige verdachtsunabhängige Kontrollen auf den Autobahnraststätten Richtung Norden. In der
Praxis heißt das, dass Wageninsassen allein wegen ihres Aussehens als Verdächtige behandelt werden.
Noch schlimmer sind allerdings die Zustände an den Grenzen zu Polen und der Tschechischen Republik, wo schon mancher
Flüchtling in der Oder ertrunken oder im winterlich verschneiten Gebirge erfroren ist. Daher sollte mit einem zweiten,
größeren Grenz-Camp auch in Zittau im Dreiländereck auf das tödliche Grenzregime aufmerksam gemacht werden.
Rund 500 Menschen kamen vom 7. bis zum 15. in die sächsische Grenzstadt, darunter - anders als in Flensburg - sogar ein paar
Nichtdeutsche. Im Norden war die autonome Szene unter sich geblieben und hatte nicht einmal vor Ort ein Bündnis auf die Beine
gebracht.
In Zittau hatten die örtlichen CDU-Größen viel Schweiß drauf verwandt, die Aktionen zu verhindern. Erfolglos: nach
einigem Hin und Her um die Frage, wo das Camp denn nun aufgebaut werden kann, gab es eine Reihe bunter Happenings in der Innenstadt und
an der Grenze.
Unter anderem wurde eine BGS-Kaserne blockiert und versucht eine Gegenaktion der NPD zu verhindern. Da war allerdings die Polizei davor,
die mit erheblichen Einsatz die Nazis vor den Campern "schützte". Die Beamten erließen nach Augenschein
Platzverbote für die gesamte Zittauer Innenstadt.
Etwas unsäglich war das Motto, mit dem auf einigen Plakaten für das Camp geworben wurde: "Keine Grenze ist ewig".
Das hätte auch die NPD unterschreiben können.
Wolfgang Pomrehn