Sozialistische Zeitung |
Mit der Wahlniederlage an der Saar ist für die SPD ("die Saarlandpartei") eine
linkspopulistische Kunstwelt zerplatzt. Seit Mitte der 80er Jahre dominierte die Partei die landes- und kommunalpolitische Szene im Saarland
mit der Pose des frechen Oskar, der es denen da drüben "im Reich" mal zeigt. "Die aus dem Reich" wollen in
Gestalt des Bayern-Stoiber u.a. das leidgeprüfte Saarland auflösen - so auch die Zuschreibung im diesjährigen Wahlkampf,
die allerdings auch wenig Falsches enthält. Dabei hatte man sich doch zweimal in diesem Jahrhundert für Deutschland entschieden:
1935 bei der Abstimmung über die Beibehaltung des Völkerbundmandats vs. den Anschluss an Nazideutschland und 1955, als die
Mehrheit der SaarländerInnen gegen Frankreich und für die BRD stimmte. Weil aber die industriellen Hauptstandorte in der BRD
bereits vergeben waren, führte dies - zusammen mit der bestehenden industriellen Monostruktur im Kohle- und Stahlbereich - zu den bis
heute andauernden ökonomischen Problemen wie hohe Arbeitslosigkeit und geringe Steuereinnahmen. Die SPD spielte auf der Tastatur
des daraus erwachsenden Minderwertigkeitskomplexes, nie richtig (zu Deutschland) dazu zu gehören, gekoppelt mit einer leichten,
staatlich gelenkten sozialpolitischen Umverteilung und beherrschte damit das öffentliche Leben vom Stammtisch bis zur Kulturschickeria.
Zugespitzt interpretiert ist die SPD-Rhetorik von der besonderen saarländischen Identität ein Stück weit die linke Ausgabe
rechter Volksgruppenpolitik.
Das Wahlergebnis dokumentiert den weiteren Zerfall politischer Milieus. Bis zur vorletzten Landtagswahl 1994 und bei der Bundestagswahl im
Herbst 1998 lag die SPD noch 20% vor der CDU. Blut geleckt hatte die CDU bei ihrem bundesweit einmaligen Rachefeldzug gegen die
Wehrmachtsausstellung im Februar 1999, deren Schirmherr Reinhard Klimmt war. Ihre Hasstiraden unterschieden sich kaum von denen der
NPD und der REPs. Auch der Bombenanschlag änderte daran nichts. Bis zur letzten Minute blieb die Ausstellung Wahlkampfthema der
CDU.
Vielleicht ist die saarländische Landtagswahl aber auch nur Politbusiness as usual. Es fand ein Austausch politischer Eliten statt, deren
Rekrutierung im wesentlichen von Parteien und Parlamentsarbeit bestimmt wird. Die Satten werden durch die Hungrigen abgelöst. Die
Antifa-Saar hatte in ihrem Wahlboykottaufruf das Ganze vorsorglich als "homogenen Pluralismus mit abgesprochenen Spielanteilen"
bezeichnet. Irgendwie richtig, wenn auch mit nicht unwesentlichen Schönheitsfehlern. Ändern, sprich verschärfen wird sich
unter der CDU-Regierung, wen wunderts, vor allem der Bereich "innere Sicherheit". Im Wahlkampf versprach die CDU,
mehr Polizei einzustellen und das Amt des Justizministers in Personalunion vom Wahlsieger Peter Müller ausüben zu lassen.
Roland Röder ist freier Journalist und Mitarbeiter der AKTION 3.WELT Saar