Sozialistische Zeitung |
Ihr habt in Duisburg das beste Ergebnis der PDS bei den letzten Kommunalwahlen in NRW eingefahren. Woran liegt das?
Hermann Dierkes: Die PDS/Offene Liste entstand als Zusammenschluss von örtlicher PDS, DKP, Vertretern des
DuisBürgerBündnisses (DUBB) und vielen Parteilosen. Wir haben ein Kommunalprogramm entwickelt, das unsere gemeinsamen
Grundsätze und konkreten Vorschläge umfasst. Unser langfristiges Ziel ist es, das gesamte fortschrittliche Lager in Duisburg
zusammenzuführen, allen Benachteiligten Handlungsmöglichkeiten, Organisation und Stimme zu geben. Wir wollen eben gerade
nicht Stellvertreterpolitik machen, sondern mit dazu beitragen, dass möglichst viele Menschen sich gemeinsam für ihre Interessen
einsetzen und mobil machen. Die Arbeit in Rat und Bezirksvertretungen sehen wir als Mittel zu diesem Zweck. Unsere Liste
berücksichtigt die vertretenen politischen Strömungen und die Gleichstellung der Frau.
Die alte und neue Oberbürgermeisterin, Frau Zieling, hat am
Wahlabend erklärt, das Schlimmste am Wahlergebnis sei der Einzug der PDS gewesen. Was erschreckt sie so sehr?
Wir wollen anderere Prioritäten in der Stadtpolitik setzen. Wir wollen soziale Gerechtigkeit, umweltbewusstes Handeln und
konsequente Demokratie zuerst. Das ist in vieler Hinsicht das Gegenteil von dem, was die Mehrheit lange Zeit betrieben hat und was sie in
Verlängerung der Schröder/Fischer-Politik im Bund und der Clement-Politik im Land weiter betreiben will. Wenn in Duisburg nur
44% wählen gegangen sind, vor allem die SPD-Wähler aus Protest und Frust zu Hause geblieben sind, über 40 Jahre stabile
SPD-Mehrheiten flöten gegangen sind, und wenn 4,2% PDS/Offene Liste gewählt haben, die in Fraktionsstärke in den Rat
einziehen konnte, und fortschrittliche Opposition jetzt auch in einigen Bezirken vertreten ist, dann haben die Altparteien, aber auch die
Grünen, schon Grund zur Sorge. Jetzt ist seit Jahrzehnten erstmals wieder eine Opposition im Rathaus, die konsequent und unbestechlich
linke Politik machen und nicht in Gremien versacken wird. Die undemokratischen Ausgrenzungsmanöver - etwa indem uns
SPD/CDU/Grüne und FDP gemeinsam stimmberechtigte Sitze in den Ratsausschüssen verweigern wollen - werden uns zwar
behindern, aber überhaupt nicht entmutigen. Im Gegenteil!
Könnt ihr dabei mit den Duisburger Grünen
zusammenarbeiten? Die galten im Landesverband ja immer als letzte linke Bastion.
Zunächst sah es so aus, als würde die bisherige informelle große Koalition zwischen SPD und CDU in eine formelle
umgewandelt. Etwas überraschend hat es schließlich eine De-facto-Koalition zwischen SPD und Grünen gegeben. Teile der
Tagespresse führen das auf die "Zockermentalität" der Grünen zurück, denen der Coup gelungen sei,
obwohl sie fast die Hälfte ihrer Ratsmandate verloren haben. Wir sehen das anders. Die SPD hat in den Grünen nun einen
preisgünstigen Mehrheitsbeschaffer gefunden, zumindest bis zu den Landtagswahlen im Mai 2000. Wohin die grüne Mehrheit
steuert, die sich immer für links ausgegeben hat, davon hat die erste Ratssitzung einen Vorgeschmack geliefert. Die PDS/Offene Liste trat
als einzige ernstzunehmende Opposition auf. Wichtige inhaltliche Themen - so unsere Forderung nach demokratischer Vertretung aller
Gruppierungen in den Ausschüssen sowie Schaffung eines Gleichstellungsausschusses für Frauen - wurden von den Grünen
fallengelassen, als es zur Abstimmung kam. Wir werden jede fortschritlliche Maßnahme der neuen SPD/Grünen-Mehrheit
unterstützen, aber die Fortsetzung der neoliberalen Politik hart bekämpfen.
Wie wollt ihr die Arbeit der Fraktion PDS/Offene Liste den
Wählern nahe bringen?
Wir haben den Wählerinnen und Wählern nichts versprochen, wie andere Parteien dies tun. Die PDS/Offene Liste lädt
alle fortschrittlichen Kräfte ein, mit ihr zusammen Politik zu machen. Es wird so oft wie möglich öffentliche Versammlungen
geben, auf denen politische Schritte und Initiativen entwickelt werden. Außerdem brauchen wir dringend bessere Instrumente, vor allem
eine eigene Zeitung in möglichst hoher Auflage, die allen fortschrittlichen Kräften offensteht.
Hältst du nach den Erfahrungen mit einem Wahlbündnis
hier in Duisburg diesen Weg auch für die bevorstehenden Landtagswahlen in NRW im Mai 2000 für richtig?
Im Prinzip ja, aber zunächst einmal müssen wir den Wahlerfolg vom 12.September umsetzen und konsolidieren. Die
Diskussion über die Landtagwahl wird demnächst geführt werden.
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