Sozialistische Zeitung |
Es gibt Kongresse, die Anstoß für eine Bewegung geben und solche, die der Bauchnabelschau der
eigenen Befindlichkeiten dienen. Auch der Bundeskongreß entwicklungspolitischer Gruppen veranstaltet am letzten Oktoberwochenende
eine Konferenz. Wohin die Reise gehen soll, ist noch unklar. Nach den Aktionen gegen den Kölner Doppelgipfel will er nun gegen die
kommende Weltausstellung in Hannover mobilisieren, seinen Widerstand aber keinesfalls als eine punktuelle Angelegenheit betrachten. Eine
zentrale und perspektivisch äußerst wichtige Frage, die ihn dabei beschäftigt, ist die nach den gesellschaftlichen Akteuren
einer radikalen und kapitalismuskritischen Politik. Dazu bietet die BUKO-Arbeitsgruppe "Weltwirtschaft" unter dem Motto
"Von der Soligruppe zur NGO" ein Diskussionsforum an.
Auf dem Hintergrund der Erfahrungen während der Proteste gegen
den jüngsten EU- und Weltwirtschaftsgipfel trauert der BUKO über die verlorengegangene Mobilisierungsfähigkeit der alten
Solibewegung und präsentieren eine solide Kritik an den Strukturen der Nichtregierungsorganisationen. Während er die einzelnen
Kölner Aktivitäten mehr oder weniger als Misserfolg wertet und konstatiert, "dass sie weit hinter den Erwartungen der
OrganisatorInnen" zurückgeblieben sind, verliert er jedoch kein einziges Wort über die mit 30.000 Teilnehmern
erfolgreichste Demonstration der "Europäischen Märsche gegen Erwerbslosigkeit, ungeschützte Beschäftigung,
Rassismus und Krieg".
Hier drängt sich die Frage auf, warum der sich als
"internationalistisch" verstehende BUKO an dieser Stelle offensichtlich eine Wahrnehmungslücke hat. Oder liegt es an einer
Unfähigkeit, das neue Phänomen am politischen Horizont einzuordnen? Sowohl die europaweite Mobilisierung, als auch die
Zusammensetzung der EuroMarsch-Demonstrationen in Amsterdam und Köln unterscheiden sich eklatant von denen der 60er, 70er, 80er
und 90er Jahre in Deutschland. Bei den EuroMärschen handelt es sich nicht in erster Linie um die rebellische Jugend des
Bildungsbürgertums, die zunächst über theoretische Kritik ihre Ablehnung der kapitalistischen Gesellschaft entwickelt,
sondern vor allem um Erwerbslose, Flüchtlinge und linke Gewerkschafter, die ganz materiell von den Auswirkungen des Kapitalismus
betroffen sind.
Dass der Horizont ihres Netzwerks weit über die EU-Grenzen
hinausreicht, ist schon in Amsterdam nicht nur als allgemeine Forderung, sondern in der konkreten Praxis unter Beweis gestellt worden: eine
Gruppe der Marschierer startete bereits in Marokko, Delegationen der mexikanischen Zapatisten und der südkoreanischen Gewerkschaft
KCTU nahmen an den Kundgebungen teil.
Auch wenn im Vergleich zu Frankreich und Italien die Bewegung in
Deutschland noch in den Kinderschuhen steckt: ein "neuer Internationalismus", der nicht in der Lage ist, sich auch auf die Verlierer
der neoliberalen Globalisierung in den Metropolen zu beziehen, wird allenfalls eine Totgeburt sein.
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