Sozialistische Zeitung |
Sie wusste stets alles, kannte die Pläne und deren Nichteinhaltung, sie wusste um die Verfehlungen und
die verborgenen Wünsche "ihrer" Menschen bestens Bescheid: die Partei. Wollte wer aus der Reihe tanzen, wurde er
besonders fürsorglich beobachtet. Die Partei war Gegenwart und Zukunft zugleich. Nur einmal hat sie sich geirrt. Da ließ sie
urplötzlich die Hüllen fallen, zog sich schnell neue Kleider an und schlug einen Purzelbaum. Anfangs war der Weg sehr steinig und
krumm, auch nicht immer deutlich erkennbar, aber jetzt ist sie fast wieder die alte.Die jüngsten Wahlen haben es bewiesen: die
Geschichte hat doch ihr Gesetz. Es lautet zwar etwas anders - Moderner Sozialismus - aber es ist da und es ist unerschütterlich.
Zehn Jahre nach der Wende macht sich die PDS das Geschenk, sich
wiedergefunden zu haben. Zelebriert wird dies auf einer Parteikonferenz Anfang Dezember, die nach eigenen Aussagen die Kader darin
trainieren soll, dass sie sich "der Gesellschaft öffnen", sich auf die kommende Programmdebatte einstimmen und die
Parteireform von oben in Szene setzen. So minutiös ist alles geplant und kalkuliert, dass die Parteiführung jetzt schon weiß,
was aus der Konferenz herauskommen wird. Ein schon verfasster "Fiktiver Bericht über die Bundeskonferenz der PDS, Dezember
1999" enthebt der Mühe, vor Ort, Samstag nachts, einen Abschlußbericht improvisieren zu müssen. So weiß die
Führung jetzt schon, es versammelten sich "rund 500 haupt- und ehrenamtliche Funktionäre der PDS aus dem gesamten
Bundesgebiet" - kein Wunder, ist die Konferenz doch eine geschlossene Veranstaltung und die 200 Teilnehmenden handverlesen.
"Bisky hielt zur Überraschung der Teilnehmenden keine Rede,
sondern forderte seine Partei auf, den Kredit, den die Wählerinnen und Wähler der PDS gegeben haben ... zu nutzen." Auch
die ausländischen Gäste sind eingereiht: "Anschließend hob der große französische Soziologe Pierre
Bourdieu zu seinem grandiosen Vortrag an ... Während dieses Vortrags wurde manchem Teilnehmer verständlich, wie weit
gespannt und zugleich irdisch [kein Tippfehler!, ak] die Themen der anschließenden Workshops waren."
Auch was in den Arbeitsgruppen diskutiert wurde, weiß die
Parteiführung schon jetzt. Die von André Brie geleitete Arbeitsgruppe zeigte "das starke Bedürfnis", "das
Selbstverständnis der Linken heute zu diskutieren". "Speziell von Seiten der auf regionaler wie auf Kreisebene arbeitenden
Funktionäre wurde die Forderung laut, endlich … praktikable Konzepte für die Reorganisation der Arbeit zu entwickeln … und
diesen Prozess durch Bundes- und Landesvorstände straff zu leiten."
War da nicht was gewesen mit "demokratischem Zentralismus"
und paternalistischem Führungsstil? Die Führung genügt sich selbst und braucht ihre Kader nur noch zur Akklamation.
Passend dazu leitet der Bundesgeschäftsführer das Thema "Parteireform" mit einem Referat ein, das den Titel
trägt: "Fragen an mich und an die Partei". Hat er vielleicht auch die Fragen vorher selber formuliert, damit er sie noch vor der
Konferenz beantworten kann?
Vielleicht wäre es doch einfacher, die Führung
veröffentlichte den Abschlussbericht und verzichtete auf die Konferenz?
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