Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-
Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.23 vom 11.11.1999, Seite 9

Von schmutzigen Kriegen

Von der Landminen- zur Kleinwaffenkampagne

Unter der Abkürzung IANSA (International NGO Action on Small Arms) hat sich ein internationales Aktionsnetzwerk zu Kleinwaffen gebildet. Viele der an der internationalen Landminenkampagne beteiligten Initiativen haben nach der Ratifizierung des Vertrages zur Ächtung von Antipersonenminen ihr Sichtfeld "erweitert": Landminen gehören zu den Kleinwaffen, die heute an allen Kriegsschauplätzen der Erde zunehmend im Einsatz sind und deren Verbreitung bisher noch zu wenig Beachtung geschenkt wurde.
Kleinwaffen im engeren Sinn sind Revolver, Gewehre, Maschinenpistolen und leichte Maschinengewehre. Zu den Kleinwaffen zählt man aber auch schwere Maschinenpistolen, Handgranaten, Granatwerfer, tragbare Luftabwehrraketen, Munition, Landminen und sonstige Explosivkörper - also das, was von einer oder von zwei Personen getragen werden kann und was leicht handhabbar ist.
Über 90% aller Kriege werden heute vor allem mit solchen Waffen ausgetragen. Neben den "robusten", einfach zu bedienenden "Altwaffen", die z.B. von der BRD in großer Zahl aus dem Nachlass der DDR in viele Länder der Erde verkauft und verschenkt wurden, spielt die technische Entwicklung eine große Rolle, vor allem die Miniaturisierung komplexer Waffensysteme und der Einbau von Hochtechnologie.
Die starke Verbreitung von Kleinwaffen hat auch damit zu tun, dass in heutigen Kriegen immer mehr Kinder eingesetzt werden. Eine leichte Schnellfeuerwaffe macht schon Achtjährige zu Kämpfern.
Es gibt immer mehr innerstaatliche Kriege, bei denen die Unterscheidung zwischen Soldaten und Zivilisten aufgeweicht wird. Aus der Sicht der kriegführenden Parteien hat der Einsatz von Kindern eine Reihe von Vorteilen. Sie sind, so UNICEF-Mitarbeiter Ray Torres, "schlicht billiger als echte Soldaten, essen weniger und haben wenig Ansprüche". Außerdem sind Kinder leichter zu manipulieren, die Armee oder Guerilla wird vielfach zu einer Art "Ersatzfamilie", was die Resozialisierung ehemaliger Kindersoldaten nach dem Ende des Konflikts zu einem ganz großen Problem macht.
Nach Angaben von Olara Otunnu, dem von UN-Generalsekretär Kofi Annan ernannten Sonderbeaufragten für Kinder in bewaffneten Konflikten, gibt es derzeit weltweit etwa 300.000 Kindersoldaten. Die Kinder werden auf unterschiedliche Weise rekrutiert: Oft werden sie willkürlich auf der Straße aufgegriffen und mitgenommen. Dabei werden keine Unterschiede nach Geschlecht gemacht. Verschiedenen Studien zufolge sollen in El Salvador, Äthiopien und Uganda fast ein Drittel der kämpfenden Soldaten Mädchen (gewesen) sein.
Bis in jüngste Zeit galten Kleinwaffen als Bagatelle. Entsprechend wenig wurde über Produktion, Bestände und den internationalen Handel mit ihnen berichtet. Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI bspw. beschäftigt sich bis heute kaum mit Kleinwaffen und ihrer Rolle beim Kriegsgeschehen.
Für die BRD jedoch spielen sie in zweifacher Hinsicht eine bedeutende Rolle: Der deutschen Industrie ist es in der Vergangenheit gelungen, mit großzügigen Lizenzvergaben vor der Konkurrenz aus Belgien, Frankreich, Großbritannien und den USA weltweit in Märkte einzudringen. Die ehemals bundeseigene Fritz-Werner AG verkaufte ganze Waffenschmieden in verschiedene Länder, Heckler&Koch-Gewehre werden an mindestens einem Dutzend verschiedener Standorte produziert. Sie gehören heute in mehr als 50 Ländern zur Standardausrüstung von Streitkräften.
Deutsche Rüstungsfirmen haben bei der Munitionsherstellung weltweit die Nase vorn. Herstellung und Export von Munition sind deshalb für deutsche Antikriegsinitiativen ein relevantes Thema.
Thomas W. Klein
Informationen und Meinungen sollten keine Waren sein. Und Geld ist ein Fetisch. Dennoch und ganz praktisch: Die Online-SoZ sieht nur umsonst aus. Wir brauchen Eure Euros.
Spendet steuerlich abzugsfähig!
VsP, Postbank Köln, BLZ 370100 50, Kontonummer 603 95 04


zum Anfang