(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.
Kommentar: Viele tarifliche
Ausgleichsregelungen im Gesundheits- und Pflegebereich gewähren für jede Nachtstunde
einen Zeitzuschlag. Diese Zuschläge gibt es auch bei Rufdienst für Inanspruchnahmen
während der Nachtzeit. Doch für die Arbeitszeit in Form von Bereitschaftsdienst sind Zuschläge —
oft sogar ausdrücklich — ausgeschlossen. Für solche Fälle greift die obige gesetzliche Ausgleichsregelung.
Um Deine Ansprüche durchzusetzen, hilft es, systematisch vorzugehen:
Das Bethesda Krankenhaus in Freudenberg wurde rechtskräftig verurteilt, einem OP-Pfleger für seine 29 Bereitschaftsdienste im Jahr 2004
„drei zusätzliche Urlaubstage für das Jahr 2005 in natura zu gewähren.”
Denn der dort angewendete BAT-KF sieht keinen Ausgleich für die so geleistete Nachtarbeit vor;
doch §6 Abs. ArbZG schreibt einen solchen angemessenen Ausgleich in Geld oder Freizeit zwingend vor.
(Arbeitsgericht Siegen, 18.Aug 2006,
2 Ca 331/06)
„Amtlicher Leitsatz: Unabhängig davon, ob die Vorschriften des BAT-KF tarifvertraglichen Regelungen
gleichzustellen sind, stehen sie Ausgleichsansprüchen nach § 6 V AZG nicht entgegen. Sie gewähren keinen
Ausgleich für die während der Nachtarbeit geleisteten Arbeitsstunden.”
(LAG Hamm, 10.Juni 2008, 16 Sa 44/08)
„Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht entschieden, dass die Beklagte dem Kläger 122,6 bezahlte freie Arbeitstage gewähren
muss, wenn sie den Freizeitausgleich wählt.
Gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer bei Fehlen einer tariflichen Regelung für die
während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag
auf das Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.”
„Das Wahlrecht der Beklagten ist nicht infolge Zeitablaufs erloschen. Unerheblich ist, dass der Kläger die Nachtarbeit
bereits im Zeitraum von 1997 bis 1999 leistete und die Beklagte den Anspruch auf Ausgleichsleistungen bisher nicht erfüllt hat.
Da das Arbeitsverhältnis der Parteien fortbesteht, kann die Beklagte den Kläger zum Ausgleich der Nachtarbeit weiterhin
bezahlt von der Arbeitspflicht freistellen (vgl. BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - BAGE 102, 309, 312, zu A II 2 a der Gründe).”
„Der angemessene Umfang der bezahlten Freizeit beträgt 25 % der geleisteten Nachtarbeitsstunden.”
(BAG Urteil vom 1.2.2006, 5 AZR 422/04)
Leitsätze:
2. Der Betriebsrat hat bei der Ausgestaltung des vom Arbeitgeber gemäß § 6 Abs 5 ArbZG geschuldeten Ausgleichs für Nachtarbeit nach § 87 Abs 1 Nr 7 BetrVG mitzubestimmen. Dieses Mitbestimmungsrecht entfällt nur dann, wenn der Tarifvertrag eine abschließende Ausgleichsregelung im Sinne von § 6 Abs. 5 ArbZG enthält.
3. Eine tarifliche Regelung, die sich darin erschöpft, den Anspruch auf Nachtarbeitszuschlag auszuschließen, ist keine Ausgleichsregelung im Sinne des § 6 Abs 5 ArbZG. In diesem Fall reduziert sich die gesetzlich eröffnete Wahlmöglichkeit auf die Gewährung von Freizeitausgleich. Bei dessen Ausgestaltung hat der Betriebsrat mitzubestimmen.
(BAG Beschluss vom 26.4.2005, 1 ABR 1/04)
(BAG-Urteil vom vom 5.9.2002, 9 AZR 202/01)